Neugestaltung des Lebensmittelsystems in Deutschland (und der EU) auf eine gesündere und ausgewogenere Ernährung
Die Jusos Saar fordern:
• von den verantwortlichen Akteuren der Lebensmittelwirtschaft eine umfassende zeitgemäße Lebensmittelpolitik, die tragfähig, abgestimmt und inklusiv ist und die die produktive Verfechtung der unterschiedlichen Branchen in der Lebensmittelherstellung erhält und weiterentwickelt.
• Eine Lebensmittelpolitik, die ökologisch nachhaltig ist. Die sozialökologische Modernisierung der Lebensmittelwirtschaft muss im Einklang mit den Interessen der Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie der Beschäftigten beteiligungsorientiert erfolgen.
• Die Verbraucher und Landwirtschaftsministerin auf, im Bereich Industrie- und Wirtschaftspolitik auch einen deutlichen Fokus auf Lebensmittelpolitik zu legen und eine bessere Abstimmung der zuständigen Ministerien zu gewährleisten.
Das Lebensmittelsystem in Deutschland (und der EU) muss mit Blick auf eine gesündere und ausgewogenere Ernährung neu gestaltet werden. Ein Lebensmittelsystem beinhaltet im Allgemeinen Materialien, Prozesse und Infrastrukturen, die sich auf die Landwirtschaft, die Herstellung, den Einzelhandel, den Transport und den Verbrauch von Lebensmitteln beziehen. Eine ganzheitliche Betrachtung fördert nachhaltigere Produktionsweisen, aber auch Verbrauchermuster. Um den nicht nachhaltigen Verbrauch zu bekämpfen, müssen das gesamte Ressourcensystem einschließlich der Fertigungsmethoden, des Nachfrageverhaltens und der Lieferketten betrachtet werden. Das heißt: Für Verbraucherinnen und Verbraucher muss es möglich sein, auf sichere und sozial nachhaltig produzierte Lebensmittel einfach zugreifen zu können.
Die Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher, Entwicklungen auf den Rohstoff- und Energiemärkten, ein hoher Altersdurchschnitt, neue Qualifkationsanforderungen und die Konzentration auf nationalen und internationalen Märkte verlangen, dass sich die industrielle Produktion von Nahrungsmitteln stärker am Leitbild der Nachhaltigkeit in all ihren Dimensionen ausrichtet.
Nachhaltige Ernährungsgewohnheiten generieren sich aus nachhaltigen Lebensmittelsystemen. Verschiedene Politikbereiche und Ministerien (BMEL, BMJV, BMUB, BMG) befassen sich mit den Themen Lebensmittelproduktion, Landwirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Verbraucherpolitik, Beschäftigung und ländliche Entwicklung. Um Alleingänge und nicht abgestimmte Vorgehensweisen wie bei der Glyphosat-Abstimmung zukünftig zu verhindern, braucht es einen integrierten Ansatz und eine enge Abstimmung zwischen den Ressorts beim Thema Lebensmittel und Ernährung.
Eine Studie des IMK der Hans-Böckler-Stiftung bescheinigt der Wirtschaftspolitik in Deutschland besonders bei der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit in den letzten Jahren nur geringe Fortschritte. Zum Beispiel sind die Artenvielfalt und der Insektenbestand seit den 1970er Jahren deutlich zurückgegangen. Der beispielsweise im Glyphosat enthaltene Wirkstoff bedeutet einen Verlust an biologischer Artenvielfalt und fortschreitenden Rückgang des Insektenbestandes. Gefragt ist eine nachhaltige Wirtschaftspolitik, die Klima- und Umweltschutz ebenso einschließt wie Wirtschaftswachstum. Deutschland muss auch qualitativ wachsen können. Die Nahrungsmittelindustrie in Deutschland und Europa will Menschen mit guten und sicheren Lebensmitteln versorgen.
Die Ernährungswirtschaft in Deutschland und Europa ist nach Umsatz und Anzahl der Beschäftigten eine der stärksten Branchen. Die schlechten Nachrichten im Bereich Lebensmittel und Ernährung belasten ihre Attraktivität jedoch stark: In Deutschland nimmt die Zahl der Übergewichtigen zu, sagt der DGE-Ernährungsbericht 2017 auf Basis des Mikrozensus. Lebensmittelkrisen belasten das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die industrielle Produktion von Lebensmitteln. Es gibt weiterhin hohe Quoten von Werkvertragsarbeit, Beispiel Fleischindustrie, und Arbeitgeber, die den Mindestlohn umgehen. Die Umwelt zu schonen sowie gute und sichere Arbeitsplätze zu erhalten muss die zukünftige Aufgabe sein.
Die Säulen eines umfassenden Lebensmittelsystems sind:
• Landwirtschaft – Eine umfassende und wirkungsvolle nachhaltige Agrarpolitik.
• Nachhaltige Verarbeitung – Veränderte Produktrezepturen.
• Ökonomie – Gegen kurzfristige Billigstrategien, für konsequent nachhaltige Unternehmensführung.
• Kreislaufwirtschaft – Ressourceneffizienz, Rohstoff- und Lebensmittelverschwendung
minimieren, Energieeffizienz.
• Umweltschutz – Böden, Biodiversität, Wasser- und Luftqualität.
• Soziale Auswirkungen – Beschäftigung, Werkvertragsarbeit fair gestalten,
• Einkommensverteilung, Anwendung Kriterien Guter Arbeit.
• Nachhaltiger Lebensmittelverbrauch – Ernährungsentscheidungen, die Gesundheit und
Umwelt schützen.
• Gesundheit/ Ernährung – Lebensmittelsicherheit, ausgewogene Ernährung.
• Bildung – Ernährungsbildung durch Schulfach Ernährung, Wert von Lebensmitteln.
• Handel – Faire Handelspraktiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Die Lebensmittelpolitik muss auf die Herstellung hochwertiger Lebensmittel durch Innovationen, gute Arbeit und hohe Qualifikation der Beschäftigten setzen. Lebensmittelerzeugung muss „besser statt billiger“ werden. Gute und ökologisch nachhaltig erzeugte Lebensmittel haben ihren Preis. Damit er für alle bezahlbar ist, brauchen wir für die Beschäftigten in allen Branchen eine deutliche Verbesserung der Einkommen.