Schnellzugriff:

A-9 Arbeitnehmer*innenschutz bei Microjobs

AntragstellerInnen: AK Wirtschaft, Arbeit und Soziales

Arbeitnehmer*innenschutz bei Microjobs

Die Arbeitswelt unterliegt einem stetigen Wandel. Durch Digitalisierung und Globalisierung wurden viele Arbeitsprozesse vereinfacht. Gerade im Dienstleistungssektor wird diese Entwicklung deutlich. Arbeitsleistungserbringung ist nicht mehr an einen festen Arbeitsplatz gekoppelt. Die Leistung kann von fast überall und egal wann erbracht werden. Zudem wird das Normalarbeitsverhältnis von flexibleren Modellen abgelöst. Dabei steht häufig die Flexibilität und die Selbstbestimmtheit der Arbeitsleistungserbringung im Vordergrund. Diese Ansprüche kumulieren sich in den immer beliebter werdenden Microjobs. Microjobs sind online-basierte Auftragsarbeiten, bei denen ein Entgelt nicht für die Arbeitszeit, sondern für die Erledigung des Auftrags gezahlt wird.
Ein Beispiel ist der E-Roller Verleih „Lime“, der Aufträge anbietet, seine Roller einzusammeln, über Nacht aufzuladen und früh morgens wieder an verschiedenen Sammelstellen abzustellen. Für jeden aufgeladenen Roller zahlt Lime den Auftragnehmer*innen (sog. Juicer) vier Euro. Diese Aufträge sind selten rentabel. Die Juicer müssen selbst für ein Transportmittel sorgen und stellen den Strom, um die Rollerakkus aufzuladen. Den Auftrag und alle nötigen Infos, wie Abholstelle und Rückgabestelle, bekommen die Juicer per App. Durch dieses Auftragsverhältnis sind die Juicer keine Arbeitnehmer*innen im engen Sinn. Es besteht gerade kein Arbeitsverhältnis zu Lime. Sie werden als Selbstständige mittels eines Kleingewerbes tätig. Jedoch entsteht durch die Abhängigkeit von der App und den Daten, die nur über diese mitgeteilt werden, eine andere Unfreiheit. Nicht ein*e Arbeitgeber*in erteilt Weisungen, die Auftragnehmer*innen erhalten Weisungen von einer algorithmusgesteuerten App.
Solche Geschäftsmodelle finden sich in vielfältigen Bereichen. Allen ist gemeinsam, dass man Geld ohne großen Aufwand und ohne große Hindernisse verdienen kann. Die Microjobber*innen sind nicht an bestehende Arbeitsgesetze, wie den Mindestlohn oder Arbeitszeitregelungen, gebunden. So stellen diese neuen Arbeitsformen unser System des Arbeitsschutzes auf den Kopf. Wir müssen uns fragen, ob wir die Entwicklung solcher Arbeitsmodelle hinnehmen wollen oder sie unterbinden wollen.
Unterbinden kann man solche Arbeitsmodelle nur, indem man den Tatbestand der Scheinselbstständigkeit erweitert. Jedoch können die Microjobs aber auch gewollt sein. Meist dienen sie aufgrund ihrer Struktur nicht als Haupterwerbsquelle. Auftragnehmer*innen können durch relativ wenig Aufwand etwas Geld dazuverdienen. Schwierig wird es aber dann, wenn sich Menschen mit Microjobs ihren Lebensunterhalt verdienen wollen. Dann sind sie in höherem Maße schutzbedürftig. Es muss geklärt werden, ob die geltenden Arbeitsschutzgesetze auf diese neuen Formen der Arbeitsleistungserbringung noch angewendet werden können.
Das größte Problem liegt dabei in der Stellung der Microjobber*innen. Sie sind keine Arbeitnehmer*innen, wie sie im Mittelpunkt der Arbeitsschutzgesetze stehen. Daher ist es erforderlich den Anwendungsbereich der Arbeitsschutzgesetze neu zu bestimmen. Microjobber*innen dürfen nicht schutzlos gegenüber ihren Auftraggeber*innen gestellt sein. Das klassische Arbeitsverhältnis ist gekennzeichnet von einer Weisungsgebundenheit des*r untergeordneten Arbeitnehmer*in. In Microjobverhältnissen gibt es aber eine ähnliche Weisungsgebundenheit, die durch eine App erzeugt wird. Der Arbeitnehmer*innenbegriff muss weiter verstanden werden, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Nur so kann ein hinreichender Schutz der Microjobber*innen erreicht werden.
Microjobber haben keinen Kündigungsschutz. Das Kündigungsschutzgesetz ist erst ab Beschäftigungsverhältnissen von sechs Monaten anwendbar. Deshalb ist es erforderlich den Kündigungsschutz auf Microjobverhältnisse zu übertragen. Dem*r Auftraggeber*in soll es nicht mehr möglich sein, ohne Gründe keine Aufträge mehr an eine*n Microjobber*in zu vergeben.
Problematisch ist auch, was passiert, wenn der oder die Microjobber*in die Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann, z.B. im Krankheitsfall. Die Absicherungssysteme wie Arbeitslosengeld oder Lohnfortzahlungen greifen bei Microjobs nicht. Dadurch sind die Microjobber einem großen Risiko ausgesetzt. Im seltensten Fall werden sie sich selbst absichern können. Die Auftraggeber*innen müssen verpflichtet werden, für eine Absicherung des*r Microjobbers*in zu sorgen. Den Microjobber*innen soll ein Anspruch auf Lohnfortzahlung zustehen. Die Länge der Fortzahlung steht dabei in Relation zur erbrachten Wochenarbeitsleistung und der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses. Das kann z.B. dadurch erreicht werden, dass die Arbeitgeber*innen in einen Fonds einzahlen, aus dem dann der*ie Microjobberin bezahlt wird.
Die Entwicklung von Microjobs wird nicht das Ende des Wandels von Beschäftigungsverhältnissen sein. Deshalb müssen die bestehenden Arbeitsgesetze reformiert werden, um den Arbeitnehmer*innen größtmöglichen Schutz zu gewähren.

Die Landeskonferenz möge beschließen:
– Der Arbeitnehmer*innenbegriff muss neu definiert werden. Weisungsgebundenheit entsteht nicht nur in einem Verhältnis zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in, sondern auch in online-basierten Verhältnissen.
– Der Kündigungsschutz soll auf Microjobber*innen ausgeweitet werden.
– Auftraggeber*innen von Microjobs werden verpflichtet ihre Auftragnehmer*innen sozial abzusichern.
– Die Arbeitsschutzgesetze müssen im Hinblick auf neu entstehende Geschäftsmodelle reformiert werden.

Begründung:

Erfolgt mündlich.

PDF

Download (pdf)

Änderungsantrag zu A-9 erstellen

Betrifft die Antragszeile


Bitte trage in das Feld „Betrifft die Antragszeile“ nur die erste Zeile ein, die von deinem Änderungsantrag betroffen ist (wenn z.B. die Zeilen 123 bis 140 ersetzt werden sollen, schreibe nur 123 in das Feld). Der eigentliche Änderungsantrag gehört – mit allen Zeilennummern ganz normal ins Textfeld. Im oberen Beispiel also: “Ersetze Zeile 123 bis 140 durch Blablub…”. Also nochmal: Das Feld “Betrifft die Antragszeile” dient nur technischen Zwecken. Die Angabe wird nicht auf den Änderungsanträgen abgedruckt! Das Antragstool kann aber nur gut funktionieren, wenn ihr diese Angabe macht.

AntragstellerInnen


(wird nicht veröffentlicht)
(wird nicht veröffentlicht)

falls Rückfragen bestehen

Text

Bitte verzichte auf die Worte „erfolgt mündlich“, sondern nutze das Feld nur für wirkliche Begründungen.


Abschicken